Auf den Spuren der Schildkröte

Im Tortue kann man die Zeit getrost vergessen

„Eile und Genuss schließen einander aus“, sagt Confrère Carsten von der Heide, Maître Rôtisseur und Mit-Gesellschafter des neuen Hamburger Boutique-Hotels „Tortue“. „Denn nur in Müßiggang und Entspannung stehen die Antennen für das Schöne auf Empfang.“ Und tatsächlich schien der Großmeister des Genusses entspannt wie kaum einer seiner Kollegen, als er gemeinsam mit seinem Partner Marc Ciunis und Bailli Bettina Schliephake-Burchardt die über 100 Mitglieder der Bailliage Hambourg zum Dîner Amical 2019 in der Brasserie des im vergangenen Jahr eröffneten Hotels an der Hamburger Stadthaus-Brücke begrüßte.

Nach zehn Jahren Planung und fünfjähriger Bauphase entstand in dem historischen Gebäude, in dem während der französischen Besatzung zwischen 1806 und 1814 kein geringerer als Napoléon selbst mehrfach Quartier bezog, auf einer Gesamtfläche von 8500 Quadratmetern ein völlig neuartiges Hotelkonzept mit 126 Zimmern, drei Bars und zwei Restaurants. Und da es der Überlieferung nach jene Franzosen waren, die damals den Hamburgern die beglückende Lebenskunst beibrachten, sich den Luxus zu gönnen, sich Zeit zu nehmen, um das Leben zu genießen, entschlossen die Gründer des „Tortue“ sich, eben jenes Lebewesen als Namenspatron zu erwählen, das sich besser als alle anderen darauf versteht, sich niemals zu beeilen – et voilà, die Schildkröte – französisch la tortue.

Sehr französisch und maritim genussvoll fiel denn auch der Willkommensgruß der Küche an diesem milden Augustabend aus: zu perfekt gekühlten ,,Fine de Claire‘‘-Austern mit Gartengurke und grünem Apfel kredenzte das Service-Team einen ebenso perfekt gekühlten Champagner Perrier-Jouët Blanc de Blanc. Ein Wein voller Leichtigkeit mit einer unvergleichlichen Frische, die sich durch das Aroma wilder Strauchblüten wie Holunder und Akazie auszeichnet und von einem Hauch von Zitrusfrüchten abgerundet wird. Ein Champagner, den man richtig trinken und nicht nur nippen sollte.

Mit Champagner aus dem Haus Perrier-Jouët ging es weiter: zu einem wunderbar cremigen Fjord-Lachstatar mit Radieschen, köstlichem Caviar d‘Aquitaine und Crème fraîche, serviert auf Kartoffelrösti, perlte ein Perrier-Jouët Grand brut im Glas. Für den Wine Spectator „ein Champagner, der begeistert wie kaum ein anderer.“

Weiter ging es im zweiten Gang mit Foie gras de canard, Fruchtconfit, fermentierter Pfeffer und Brioche – und dazu Champagner? Nur Champagner, lautet seit diesem Abend die Antwort. Und zwar den Perrier-Jouët Belle Epoque. Normalerweise der salzigen Frische von Meeresfrüchten vorbehalten, erwies er sich mit den frischen Aromen von weißem Fruchtfleisch und kandierten Zitrusnoten als absolut perfekter Begleiter zur Entenstopfleber.

Als Hauptgang, oder PLAT PRINCIPAL wie die französisch gehaltene Menuekarte ankündigte, gab es Filet Mignon au poivre mit Pfifferlingen, grünem Spargel und einem Selleriepüree. Eine optisch wie geschmacklich herausragende Komposition, bei der besonders die feine Zartheit des Fleisches beeindruckte. Und natürlich war auch diesmal der begleitende Champagner – ja, tatsächlich ein Champagner auch zum Fleischgang – ein absolutes Highlight: Ein Perrier-Jouët Blason rosé! Ein äußerst intensiver und ausgewogener Wein, den man mit seinen Noten von Crème de Cassis und Brombeere bedenkenlos zum Rinderfilet servieren kann.

Und damit war es auch schon vorbei mit Champagner. Auch wenn Confrère Carsten von der Heide in den Beständen des Weinkellers sicher den passenden Champagner als Begleiter fürs Desert gefunden hätte. Doch die 2015er Riesling Auslese „Rothenburg“ vom Weingut Wegeler im Rheingau mit ihrem zarten Duft von Apfel- und Zitronenblüten sowie Mandarine und kandierter Orange begleitete das Dessert aus marinierten Beeren, Joghurt, Zitronen-Verbene und Holunderblüte, als sei sie eigens dafür gekeltert worden. Desserts haben es ja oft an sich, dass sie zu mächtig, zu sahnig oder zu schokoladig sind. Aber hier war der Teller absolut stimmig. Die perfekte Abrundung eines durch und durch gelungenen Menüs.

Auch die Consœurs und Confrères waren höchst zufrieden, was sie mit ihrem lang anhaltenden Applaus bewiesen, als Bailli Bettina Schliephake-Burchardt sich im Namen der Bailliage Hambourg bei den Gastgebern des Abends und der weißen und schwarzen Brigarde des Tortues bedankte.

Dass der diesjährige Sommer der Ausdauer der Hamburger Consœurs und Confrères offensichtlich sehr entgegen kam, zeigte sich auch an diesem Abend wieder einmal. Statt „Tschüss“ und „Auf Wiedersehen“ hieß es in der Lobby des Tortues mehrheitlich: „Bis gleich in der Bar“. Das allerdings ohne jegliche Eile, sondern gemächlichen Schrittes. Ganz dem Motto des Tortues entsprechend „Eile und Genuss schließen einander aus.“

 

Text: Klaus Zelgin, Vice Chargée de Presse

Fotos: Irmtraut Schliephake